Ausweichregeln zu See

VERHALTENS- UND AUSWEICHREGELN BEI SEEFAHRZEUGEN – SO GIBT ES KEIN DURCHEINANDER

Große Schiffe bis zu kleinen Booten, Kitesurfer und Windsurfer, etc. sollen sich so verhalten, daß sie niemanden gefährden, behindern und nichts beschädigen. Dazu haben wir spezielle Verhaltens- und Vorfahrtsregeln sowie Verkehrsvorschriften, die ein verantwortungsvolles Miteinander von Sport- und Berufsschifffahrt zur See regeln und gewährleisten. Bevor unbekannte Gewässer befahren werden wollen sind wir verpflichtet, uns über die besonderen Vorschriften vor Ort zu informieren. Hier stellen wir die wichtigen Regeln in unterschiedlichen Seegebieten und die unterschiedlichen Verordnungen in uns wichtigen Revieren vor. Alle Angaben ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Korrekturen und/oder Ergänzungen bitte kommentieren oder per Email an [email protected]

Bei allen in den Texten beschriebenen Kitesurfern sind selbstverständlich auch die Kitesurferinnen eingeschlossen.

 

INTERNATIONALE VERHALTENS- UND AUSWEICHREGELN

Berufsschifffahrt hat Vorfahrt

Die Berufsschifffahrt hat Vorfahrt vor allem anderen. Danach haben Segelfahrzeuge Vorfahrt vor Sportbooten (Motorboote und Segelboote, die unter Motor fahren), diese haben wiederum Vorfahrt vor Sportgeräten. Kitesurfer gelten in diesem Fall als Segelfahrzeuge. Innerhalb der Gruppe der Segelfahrzeuge sollten Kitesurfer den Segelschiffen und -booten ausweichen, da diese träger sind und nur langsam manövrieren können. Kitesurfer sind da schneller und manövrierfähiger. Die internationalen Vorfahrtsregeln gelten auch auf deutschen Binnengewässern. Außerdem gilt Muskelkraft vor Segelkraft, also Schwimmer, Wellenreiter, Bodyboarder, SUP-Boarder haben in ihnen erlaubten Bereichen immer Vorfahrt.


Sonderfall für Kitesurfer an der deutschen Küste

An der deutschen Küste werden Kitesurfer als Sportgerät gezählt und stehen somit auch in der Ausweichpflicht ganz oben. Du mußt als Kitesurfer allem ausweichen!

 

Die Sorgfaltspflicht

Als Schiffsführer sind Kitesurfer und Windsurfer der allgemeinen Sorgfaltspflicht unterworfen. Das bedeutet, jede Form der Gefährdung von Menschen und Umwelt muß vermieden werden! Behinderung, Belästigung anderer sowie Beschädigung von Seefahrzeugen oder Ufern ist zu vermeiden!

 

Pflicht zur Hilfeleistung

Kommt es auf See zu einer Notsituation, sind wir zur Hilfeleistung verpflichtet, solange wir uns dadurch nicht selbst gefährden. Falls Du aus diesem Grund keine Hilfe leisten kannst, mußt Du Hilfe holen. Dazu gibt es regionale Hilfsorganisationen und Rettungsdienste, angefangen von Rettungsschwimmern der DLRG, den Seenotrettern der DGzRS oder Rettungsdiensten der Feuerwehr.

 

 

DIE KOLLISIONSVERHÜTUNGSREGELN

Kollisionsverhütungsregeln KVR allgemein

Die Ausweichregeln zwischen Wasserfahrzeugen sind in den Kollisionsverhütungsregeln KVR Teil B formuliert. Die KVR haben international Gültigkeit für Wasserfahrzeuge auf hoher See und den mit ihr verbundenen Gewässern. Die Kollisionsverhütungsregeln bestimmen den Fall, wie sich Wasserfahrzeuge auszuweichen haben, wenn sie einander begegnen und ein Zusammenstoß nicht ausgeschlossen werden kann.

Grundsätzlich gilt:
Fahrzeuge, die aufgrund ihrer gegenwärtig verwendeten Antriebsart schlechter manövrieren können, haben Vorrang vor Fahrzeugen, die einfacher zu manövrieren sind, siehe KVR-18.

Fahrzeugen, die aufgrund ihres Tiefgangs in engen Wasserstraßen nur eingeschränkt manövrierfähig sind, ist auszuweichen. Die sog. tiefgangbehinderten Fahrzeuge haben entsprechende Signalkörper/-lichter zu führen.
Ausnahmen: Manövrierbehinderte/-unfähige Fahrzeuge weichen nicht aus und/oder können nicht ausweichen.

Alle Wasserfahrzeuge weichen manövrierbehinderten Fahrzeugen aus, die dann entsprechende Signalkörper/-lichter führen müssen. Das gilt auch gegenüber Wasserfahrzeugen, die mit Netzen fischen, sowie Wasserfahrzeugen, die mit Schleppnetzen trawlen, sowie schleppenden Fahrzeugen und Schleppverbänden.

Segelfahrzeuge unter Segeln haben Vorrang vor Maschinenfahrzeugen.
Maschinenfahrzeuge weichen allen anderen Verkehrsteilnehmern aus.
Besonderes Verhalten in Engem Fahrwasser beachten, siehe KVR-9, s.u.
Die Ausweichregeln der KVR sind unabhängig von der Schiffsgröße gültig.

 

Kollisionsverhütungsregeln KVR auf der Flensburger Förde

Die Flensburger Förde ist mit Tonnen und Leuchttonnen bezeichnet und trotzdem gelten die Ausweichregeln nach Kollisionsverhütungsregeln KVR! Zusätzlich gilt nördlich und nordwestlich der Halbinsel Holnis die KVR-9 Enges Fahrwasser, die da besagt, jedes Wasserfahrzeug soll äußerst rechts fahren, um Behinderungen der Großschifffahrt unbedingt zu vermeiden. Großschifffahrt kann in diesem engen Fahrwasser nicht ausweichen. Dies gilt auch beim Queren des Fahrwassers durch Wasserfahrzeuge unter Segeln.

Erst ab Tonne FL13 und Tonne FL14 (vor Fahrensodde bis Hafen) beginnt das Flensburg Fahrwasser, in dem dann die Seeschifffahrtssraßenverkehrsordnung SeeSchStrO gilt. Das bedeutet u.a., die dem Fahrwasser folgenden Fahrzeuge haben Wege- und Vorfahrtsrecht gegenüber querenden Wasserfahrzeugen, siehe Info der Wasserschutzpolizei Schleswig-Holstein hier im PDF (Stand 2007). Mehr zur Seeschifffahrtssraßenverkehrsordnung SeeSchStrO und zur Binnenschifffahrtssraßenverkehrsordnung BinSchStrO s.u.

 

 

GESETZESTEXTE ZU SCHIFFFAHRTSSTRASSENVERKEHRSORDNUNG

SEESCHIFFFAHRTSSRASSENVERKEHRSORDNUNG

BINNENSCHIFFFAHRTSSRASSENVERKEHRSORDNUNG

 

 

SURFVERBOTE UND BESCHRÄNKUNGEN

Surfen und Kitesurfen ist im Fahrwasser der Seeschifffahrtssraßenverkehrsordnung SeeSchStrO verboten. Das gilt auch für das Queren von Fahrwasserbereichen. Dazu gibt es Ausnahmen. In der Binnenschifffahrtssraßenverkehrsordnung BinSchStrO ist das Surfen in Fahrwassern erlaubt. Zur Vermeidung von Gefahr sollte den Bereichen mit Berufsschifffahrt weiträumig ausgewichen werden. Bug-/Heckwellen, der tote Winkel von der Brücke, Propellersog, Windabdeckung, etc. sind Gefahrenquellen für uns. Dein Kite vertüddelt im Propeller eines Frachtschiffs macht keinen Spaß.

Außerhalb des Fahrwassers darf an Küsten mit sichtbar erkennbarem Badebetrieb in einer Entfernung von bis zu 500 Metern nur maximale Geschwindigkeit von 4,3 Knoten gefahren werden. Die Sorgfaltspflicht gebietet uns, einen Sicherheitsabstand zu Badenden und Schwimmern einzuhalten.

Es gilt ein Fahrverbot für Kitesurfer generell bei Nacht, die da zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang definiert ist.

Verbot von Kitesurfen in ausgewiesenen Sperrgebieten.

Verbot von Kitesurfen an Anlege- und Liegestellen sowie auf Reeden.

Kein Kitesurfen vor Häfen und Hafeneinfahrten im Abstand von weniger als 200 Metern.

Und auf Kanälen dürfen wir auch nicht kitesurfen.

Bitte beachtet Taucherbojen, die da markieren, daß sich unterhalb von uns Taucher aufhalten, die für uns unerwartet auftauchen könnten. Abstand halten!

 

 

VERHALTENS- UND AUSWEICHREGELN BEI SEGELFAHRZEUGEN

Sollten sich mehrere Segelfahrzeuge auf Kurs einer drohenden Kollision befinden, sind in den Ausweichregeln genau festgelegt, wer auszuweichen hat und wer 'Vorfahrt' bzw. Kurshaltepflicht hat. Es gilt:

 

Backbordbug vor Steuerbordbug

Ok, zugegeben, die Bezeichnung klingt kompliziert, sie stammt aus der Segelei und erklärt sich so: Wenn Du den rechten Fuß/Hand vorne hast und das auch Deine Fahrtrichtung ist, kitesurfst Du mit Wind von steuerbord, Dein (virtueller) Großbaum liegt dabei auf backbord. Also fährst Du auf dem Backbordbug und hast Vorfahrt im Falle, daß Dir jemand auf dem Steuerbordbug entgegengesegelt kommt. Dessen Großbaum (Segler, Windsurfer) liegt oder läge (Kitesurfer) dann auf der Steuerbordseite seines Bootes. Kurz gesagt, kitesurfst Du mit rechter Hand vorn in Fahrtrichtung, bist Du auf Backbordbug und hast Kurshaltepflicht. Mit Deiner linken Hand in Fahrtrichtung vorn bist Du auf Steuerbordbug unterwegs und somit ausweichpflichtig.

Ich mag die klassische Bezeichnung "Backbordbug vor Steuerbordbug" – versucht mal auf See, diese Regel jemandem schnell entgegen zu brüllen, der sich nicht daran hält, das ist ein Zungenbrecher.

 

Lee vor Luv

Zwei Kitesurfer fahren auf dem selben Bug, also in die selbe Richtung mit ähnlicher Geschwindigkeit. Hier gilt, der in Luv segelnde Kitesurfer ist ausweichpflichtig, der in Lee segelnde behält seinen Kurs und fährt weiter.

In der Regatta kann der in Lee segelnde Kitesurfer den in Luv segelnden mit dieser Regel aushebeln, indem er immer weiter anluvt, bis der luvseitige im Wind steht oder achtern abfallen muß.

Ich vermute den Ursprung der Regel "Lee vor Luv" darin, daß ein Segler schwer Höhe ziehen kann und bei dieser Regelung die mühsam erarbeitete Höhe nicht verbraten muß, als der ohnehin schon weiter in Luv segelnde und somit bevorteilte Skipper.

 

Überholer hält sich frei

Zwei Kitesurfer fahren auf dem selben Bug mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Wenn Du der Überholende bist, mußt Du dich weiträumig um den langsameren Kitesurfer herumbewegen, ohne daß der genötigt ist, seinen Kurs oder seine Segelweise zu ändern. Im Geltungsbereich der Binnenschifffahrtssraßenverkehrsordnung darf nur in Luv überholt werden.

 

Kurshalteplicht

Ein für allemal, es gibt keine Vorfahrt! Wenn Du auf Backbordbug fährst, halte Dich an die Kurshaltepflicht. Das bedeutet, Du hälst Deinen Kurs bei. Es ist für den Ausweichpflichtigen sehr verwirrend, wenn der Kurshaltepflichtige anfängt, herumzueiern und damit vermittelt, daß er offenbar keine Ahnung von Ausweichregeln hat. Also deutlich machen, daß Du Dir Deiner Kurshaltepflicht bewußt bist. Das heißt Kurs halten, dann kann der Ausweichpflichtige aktiv reagieren und kontrolliert ausweichen.

 

Ausweichpflicht

Als Ausweichpflichtiger ist es ebenfalls sinnvoll und angezeigt, das Ausweichmanöver deutlich und gut erkennbar einzuleiten, damit der Kurshaltepflichtige erkennt, daß Du Dir Deiner Ausweichplicht bewußt bist. Also aktiven Impuls geben und deutlich sichtbar den Kurs ändern.

 

Manöver des letzten Augenblicks

Solltest Du vom Ausweichpflichtigen nicht gesehen werden, so verhalte Dich so, daß Du wahrgenommen wirst und dann auch bald so, daß die drohende Kollision vermieden wird. Sprich, Du verzichtest auf Deine "Vorfahrt" und tust alles, um eine Kollision zu vermeiden – mit einem Manöver des letzten Augenblicks: Abbremsen, ausweichen, stehenbleiben, umdrehen, Kurs ändern, Kite runter, Rigg aufs Wasser, selbst ins Wasser oder alles zusammen.

 

 

KITESURFSPEZIFISCHES VERHALTEN

Leeseitig lenkt Kite runter, Luvseitig lenkt Kite rauf!

Fahren zwei Kitesurfer auf dem gleichen Kurs und unterschiedlichem Bug, fliegt derjenige auf der Luvseite seinen Kite höher, der Kitesurfer in Lee fliegt seinen Kite tiefer. So wird verhindert, dass sich die Kites ineinander verfangen. Das gilt für die gleiche Richtung genauso wie auf Gegenkurs.

 

Strandstarter hat Vortritt

Der startende und ins Wasser gehende Kitesurfer hat Vorrang vor dem anlandenden Kitesurfer. Wenn wir vom Wasser gehen wollen, uns aber ein startender Kitesurfer entgegenkommt der ins Wasser will, dann lassen wir ihn vorbei, bevor wir ans Ufer fahren.

 

Drängeln

An Hindernissen, im Uferbereich und an Engstellen darf ein Kiter nicht bedrängt werden, auch wenn dieser ausweichpflichtig wäre.

 

Kurswechsel anzeigen

Du hast einen Kite auf selbem Bug knapp hinter Dir und willst einen Kurswechsel einleiten. Vergewisser Dich jedesmal mit einem Blick zurück, wie frei der Raum des neuen Kurses ist und signalisiere dem Hinterherfahrenden Deine Kurswechselabsicht durch eine kreisende Handbewegung mit erhobenem Arm.

 

Welle hat Vorrang?

Auch in den Wellen gelten die Vorfahrtregeln Lee vor Luv und Backboardbug vor Steuerbordbug. Aber es gibt die Verhaltensform, wenn Du in der Welle kitesurfst, hat der erste auf der Welle die Welle für sich. Außerdem gewährt man dem auf der Welle surfenden Vorrang vor dem entgegenkommenden Kitesurfer. Also ausweichen, wenn Dir ein Wellenkitesurfer auf seiner Welle entgegenkommt.
Hier handelt es sich nicht um eine Vorfahrtsregel, sondern um eine Freundlichkeit aus nachvollziehbaren Gründen, aber Vorfahrt als Regel gilt hier nicht.
Und wir sprechen von Wellen in einer Größe, die geritten werden können. Innenförde-Kabbel zählt nicht dazu.

 

 

HIER DIE WICHTIGSTEN VERHALTENSREGELN AUF EINEN BLICK

 

BMVI-BROSCHÜRE: SICHERHEIT AUF DEM WASSER

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat unter Hinzunahme des überstrapazierten Begriffs Sicherheit eine umfangreiche Broschüre zusammengestellt unter dem Titel Sicherheit auf dem Wasser – Wichtige Regeln und Tipps. Darin geht es aber um weitaus mehr als nur irgendeine Sicherheit. Die Broschüre umfaßt Informationen weit über unser Kitesurfen hinaus. Dennoch lohnt sich die Lektüre speziell für uns und im Hinblick auf das Wissen, das die anderen Bootsführer um uns herum mit sich bringen sollten.

 

 

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