FÖRDEKITER – KOOPERATION MIT DLRG

WIE BIRGT MAN KITEAUSRÜSTUNG UND PERSON?

Am 16. Juli 2024 trafen sich Vorstand und ein paar Mitglieder vom Verein Fördekiter e. V. zusammen mit Mitgliedern der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft DLRG Glücksburg und der Wachmannschaft DLRG Ortsgruppe Uchte (Landkreis Nienburg/Weser) in der DLRG-Station Holnis für ein Seminar, bei dem die Thematik 'Rettung von Kitesurfer/-innen und Bergung der Ausrüstung auf offener See' erörtert und in praktischen Übungen erprobt wurde. Schwerpunkt dieser Zusammenkunft lag auf der Zusammenstellung von Wegen und Möglichkeiten zur Rettung und Bergung bzw. Detektion von Komplikationen und Fehlerquellen und deren Lösungsmöglichkeiten. Als Einstand für folgende Seminare war klar, dass es längst nicht zu allen Themen anwendbare Lösungen gibt und dass in folgenden Treffen an solchen gearbeitet werden kann. Die Diskussion ist hiermit eröffnet!

 

Die Teilnehmenden

An besagtem Tag kamen ca. 10 Mitglieder vom Verein Fördekiter und ca. 12 Mitglieder der DLRG sowie Vertreter der Presse bei sommerlichem Wetter in und vor der DLRG-Station Holnis zusammen. Das Seminar begann mit einer Einführung in das Treffen durch DLRG-Mitglied Bernd Cordes, Vortragseinführung durch Fördekiter 1. Vorsitzender Torben Ulrich und Fördekiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Henning Alberti. Bald nach Beginn wurde die Vortragssituation in ein gekonntes Zuspielen der Bälle unter diesen dreien und Beiträgen der Teilnehmenden in eine konstruktive und kreative Gesprächsrunde verlagert, die durch die gut strukturierte Präsentation von Bernd Cordes Orientierung fand. Die Hauptvortragenden waren Torben Ulrich und Henning Alberti, beide wandten sich oft direkt an die Zuhörenden und warfen Fragen oder Anmerkungen ins Publikum, mit denen zur Diskussion und zu Beiträgen vonseiten der DLRG-Profis aufgefordert und dem umfangreich gefolgt wurde. Die hier zusammengetragenen Informationen basieren auf genau dieser konstruktiven Vortrags- und Diskussionsform, denn niemand hatte Ladehemmungen, sich zu äussern und alle, die mitmachten, konnten das Wissen erweitern.

 

Seminar als Ausgangspunkt für gesammeltes Wissen und neue Erkenntnisse

Doch lest selbst, hier stellen wir die Schwerpunkte des Seminars zu Verfügung und hoffen auf eine Fortsetzung der Diskussion und Erweiterung des gesammelten Wissens:

 

Typologie der unterschiedlichen Surfsportarten

In erster Runde wurde die Typologie der unterschiedlichen Surfsportarten Windsurfing, Kitesurfing, Wing-Foiling und Wellensurfen sowie die Besonderheiten von der speziell für dieses Seminar gewählte Sportart Kitesurfen erklärt. Hier stellte sich heraus, dass Normalsterblichen die Unterscheidung nicht immer bis ins Detail geläufig ist und bei diesem Seminar der erste große Wurf in Sachen Information und 'Aha!' gelandet wurde. Hier sprach für sich, dass die teilnehmenden Fördekiter schwungvoll und mitreißend auftraten und ihre Leidenschaft für die Sportart lebendig auf die Zuhörenden übertragen konnten.

Torben Ulrich erklärt den Teilnehmenden die Komplexität und den Umfang der Kitesurfausrüstung, der ja im wahrsten Sinne enorme Ausmaße von über 25 Metern erreicht.

 

Der Kite

Die Schirme sind üblicherweise in einer Fläche zwischen 5qm und bis zu 17qm erhältlich, bestehen meistens aus einem Druckschlauchsystem einer tragenden Vorderkante (engl. L.E.I. = Leading Edge Inflatable, umgangssprachlich  'tube') und daraus senkrecht abstehenden, profilstützenden Querschläuchen (engl. 'struts'), die das Tuch tragen und die einen intakten Kite immer zu einer Angriffsfläche für Wind und Wellen formen.

In luftentleertem und eng gepacktem Zustand hat der Kiteschirm ein Volumen in der Größe eines Tagesrucksacks, die Bar dient dann praktischerweise als Leinenaufwicklung und hat dazu an ihren beiden Enden jeweils ein Maul (engl. 'winders'), so dass die Leinen geordnet darauf aufgewickelt werden können.

 

Freitreibende, vom Wind versetzte Kiteausrüstung

DLRG-Mitglied Thorsten Regge berichtete von einem Einsatz, bei dem unter schwersten Sturmbedingungen und hoher Dünung auf der Flensburger Förde eine führerlose Kitesurfausrüstung geborgen werden sollte und niemand an Bord so recht wusste, welchen Umfang diese da hatte. Im Seminar wurde ausdrücklich auf die Kraft und Gefahr einer solchen freitreibenden Ausrüstung hingewiesen, die ja kurzzeitig in einem Zustand sein kann, der scheinbar gut mit dem Boot anzufahren ist, sich im nächsten Moment (Sturmböe greift in den Kite) zu einer lebensbedrohlichen Situation verwandeln kann, weil an dem Kite ja die reissfesten Leinen hängen und alles mitgerissen würde, was sich darin befindet (u.U. die bergenden Personen)!

Da ein freitreibender, vom Wind versetzter Kite die Leinen und den Lenker hinterherschleift, ist eine Annäherung mit Boot an den Kite halbwinds oder von Lee (Kite treibt dann auf das Boot zu) vorgeschlagen worden. Kiteleinen können mit scharfem Messer getrennt werden, der Kite selbst besitzt ein Schraubventil mit großem Durchgang. So ein Ventil ist bei wenig Wind und Flaute auf See zu bedienen, jedoch bei Sturm nahezu unerreichbar. Um den Kite seiner gefährlichen Form zu entledigen, hilft ein Stich mit dem Messer in die aufgeblasene Vorderkante ('tube').

 

Doppelten Einsatz vermeiden

Eine freitreibende Kitesurfausrüstung auf der Förde wird über kurz oder lang durch Dritte gesichtet und eine Meldung erfolgen, die dann den Rettungseinsatz auslöst. Wird die treibende Kitesurfausrüstung bereits von der DLRG observiert, begleitet und gemeldet, ist ein doppelter Einsatz gemindert bzw. bei schneller und umfangreicher Weitergabe der Information ausgeschlossen. Sind die Retter vor Ort auf See, kann der Kite aufgegeben bzw. treiben gelassen werden, um die aktive Rettungsmannschaft nicht in Gefahr zu bringen oder die vermutlich ebenfalls treibende Person kann gesucht werden.


 

Worauf achten Kitesurfer/-innen (bezogen auf den Standort Holnis)?

Holnis ist ein beliebtes Kitesurfrevier. Der Strand ist lang und unterteilt in einen Freistrand, Hundestrand, FKK, Badestrand mit betonnter Badezone, die von der DLRG überwacht wird. Außerhalb der Badezone ist Kitesurfbetrieb anzutreffen. Kitesurfer/-innen achten in erster Linie auf die Windrichtung, die da immer auflandig oder zumindest seitlich auflandig ausgerichtet sein soll, damit im Falle einer Havarie der Kite mit Person in Richtung Küste geweht würde. In Holnis ist diese sichere Windrichtung Nordost über Ost bis Südost. Mit diesem Wissen wurde die Frage geklärt, warum nicht immer Kitesurfen zu sehen ist, wenn es weht (so z. B. kein Kitesurfen bei Westwind in Holnis).

         

Hier wird von Torben Ulrich nochmal expiizit auf eine Sonderform beim Fortbewegungsmittel hingewiesen. Neben den üblichen Kiteboards mit Finnen und Fussschlaufen gibt es Hydrofoil-Boards, die aus dem Standbereich, einem senkrechten Mast und der Hydrofoil-Einheit unter Wasser bestehen. Insbesondere der Teil unterhalb vom Brett ist besonders scharfkantig und gefährlich für Rettungsboot und Crew.

 

Was macht Kitesurfen so besonders (bezogen auf den Rettungseinsatz)?

Die Einheit aus Kitesurfer/-in und Sportgerät umfasst das Kiteboard (Unterschiede werden später erklärt), die Person im Neoprenanzug und mit Trapez, die Einheit aus Lenker (engl. 'bar' für Stab oder Stange) mit der Verbindung zum Trapez und dessen Sicherheitssystem, den 20-25 Meter langen Leinen, von denen es im betriebsfähigen Zustand mindestens vier und manchmal fünf Leinen gibt, die dann am Schirm (Kite) enden und dort nahezu fest verbunden sind. Die Leinen weisen eine Bruchlast von ca. 300-500kg auf.

Bootsführer/-innen müssen im Manövrieren darauf achten, ihren Propeller frei von den Leinen im Wasser zu halten, sonst wird ihr Boot manövrierunfähig! Aus den Rettern würde sonst ein weiterer Notfall.

 

Welche Sicherheitsmechanismen gibt es am Kitesurfmaterial?

Beim Kitesurfen legt man es darauf an, eine flexible, aber feste Verbindung zwischen Person und Lenker (engl. 'bar') hergestellt zu haben. Dazwischen befindet sich ein Sicherheitssystem, über dessen Entstehung ausführlich im Seminar diskutiert wurde. Am Beginn dieses Jahrhunderts gab es ein solches nicht oder nur unzureichend, so dass schwere und tödliche Unfälle eine Entwicklung ausgelöst hatten, die in aktuellen 2-Stufen-Systemen mündeten. Torben präsentierte den Seminarteilnehmenden eine Kitesurf-Bar aus eigenem Bestand, die unter Mitwirkung von Fördekiter Tom im Trapez und Henning stellvertretend als Kite praktisch vorgeführt wurde. Kommt man mit Rettungsmannschaft an die zu rettende Person, sollte geprüft werden, ob diese mit dem Kite verbunden ist und ob die Situation eine Trennung von der Ausrüstung erforderlich macht bzw. überhaupt möglich ist. Dazu erklärt Torben unter Mitwirkung einiger teilnehmenden Fördekiter das System.

 

1. Stufe im Sicherheitssystem

Die erste Stufe im Sicherheitssystem ist eine Schiebetülle (engl. 'quickrelease') oberhalb der Schlaufe (engl. 'loop'), in der das Trapez eingehängt und per Splint (engl. umgangssprachlich 'chickenstick') gesichert ist. Die Sicherheitstülle ist meistens rot und wird in Richtung Kite und weg von der Person ein paar Zentimeter verschoben und gibt dann den Loop frei, so dass Bar, Leinen und Kite im besten Fall vom Wind von der Person weggezogen werden oder umgekehrt die Person von der Rettungsmannschaft von der Kiteausrüstung weggezogen wird (insbes. bei Flaute bzw. kein Zug durch den Kite). Die erste Stufe im Sicherheitssystem trennt die Person nicht vollständig vom Kite! Eine einzelne Verbindung bleibt bestehen, so dass der Kite im betriebsbereiten Zustand ohne Zug ('drucklos') treibt und nicht davonschwimmt. In optimaler Rettungssituation könnte so die verunfallte Person geborgen werden, während der Kite an der Sicherheitsleine erreichbar bleibt.

Ergänzend zum Vortrag wird in der Runde folgendes erklärt: Dieser Zustand ist bei Betreiben des Sports nichts Außergewöhnliches und wird von Kitesurfern/-innen ab und zu aktiviert, benötigt dann eine weile, um den Kite wieder in den startfähigen Zustand zu versetzten und ist schon oft Auslöser von Rettungsrufen besorgter Beobachter/-innen an Land gewesen. Also nichts übereilen! Sollte man eine treibende Ausrüstung samt Person beobachten, die aber keine Notsignale äußert (Arme über dem Kopf wedelnd), ist Besonnenheit gefordert. Die Person sollte unter Beobachtung bleiben. Auch Laien am Ufer können beurteilen, dass die Person aktiv hantiert und beobachten, wie der startfähige Zustand wiederhergestellt wird. Ist das allerdings nach erfolglosen Startversuchen nicht mit einem Weiterfahren am Kite gekrönt, sollte abgewogen werden, ob die Person in Richtung Ufer driftet oder in eine gefährliche Situtaion gerät (ablandig, Fahrwasser, offene Gewässer, keine Chance, Land zu erreichen).

 

2. Stufe im Sicherheitssystem

In widrigen Situationen besteht eine zweite Trennmöglichkeit dieser einzeln verbliebenen Verbindung, um die Person und die Kitesurfausrüstung vollständig voneinander zu trennen. Dann treibt der Kite samt Leinen und Lenker davon, die Person ist aber frei und kann geborgen werden.
Wenn der Kite dann nicht geborgen werden kann, sollte eine Meldung einer freitreibenden Kiteausrüstung abgeben werden. Es kann ja die Situation eintreten, dass die geborgene Person schnellstmögliche medizinische Versorgung bedarf, also keine Zeit mehr zur Bergung des Kites besteht.

Im Seminar wurde natürlich umgehend die Situation erwähnt, in der die Person in den Leinen eingewickelt ist. Dazu reichen ein paar Schlingen, die sich schnell unter Wasser um Körperteile, Hals und Trapez wickeln können. Dann ist ein Bedienen der Sicherheitssysteme abzuwägen, weil ein vom Wind davongetragener Kite an diesen Leinen Zug erzeugt und Schlingen zuziehen kann. Hier hilft das Trennen der Leinen mit Messern, aber eine ideale oder allgemeine Lösung wurde nicht gefunden und zeigt die Schwierigkeiten (und den Grundgedanken des Seminars, solche aufzudecken!) deutlich an.

 

Praktische Übungen auf See

Am Seminartag hatten wir Wetterbedingungen für das praktische Üben der Situationen bei wenig Wind. Hier wurde von Henning Alberti die Situation beschrieben: Ein Sommertag mit gutem Kitesurfwind bei ca. 15-18kn, dann Annäherung einer Kaltfront mit wenig Hinweisen auf den typischen Windrichtungsdreher nach dem Frontdurchgang. Also finden sich Kitesurfer/-innen bei einem SO-Wind-Tag vor Holnis plötzlich in der SW-Windrichtung, die da in Holnis ablandig weht und einen havarierten Kite mitsamt der Person auf den Weg nach Brunsnaes/Dänemark schickt.
Mit zwei Booten geführt von Thorsten Rogge und Volker Barg wurden abwechselnd die Situationen

a) Kitesurfer im Wasser handlungsfähig, ansprechbar, aber aufgrund des geringen Windes nicht mehr fähig zum Wiederstarten des Kites und

b) Kitesurfer im Wasser in Not, entkräftet, bereits unter Wasser gezogen, mit Kite verbunden, nicht in der Lage, selbständig zu agieren

geübt und erfolgreich zum Abschluss gebracht. Während der Übung beschrieb und kommentierten Fördekiter Tom Schilling auf dem einen Boot und Henning Alberti auf dem anderen Boot die Situation mit ihren Wiedrigkeite und erklärten bestmögliche Handlungsmöglichkeiten genauso wie alle unerwünschten Umstände, die eintreten können.

 Es geht auch umgekehrt. Hier zeigen die DLRG Glücksburg und die DLRG Uchte, dass sie auch Seenotfälle verursachen können. Die Kitesurfausrüstung wird auf den Booten verladen und vor Holnis zusammen mit einem Kitesurfer ins Wasser geworfen, um dann den Notfall zu simulieren und in den Übungen Person und Kite zu bergen bzw. Hindernisse und Widrigkeiten bei der Bergung aufzudecken. Aber dazu erstmal in See stechen…

 

Wie verhält sich ein Schirm im Wasser? Wie kann er auf dem Wasser liegen?

Wie zuvor bereits erwähnt, ist ein Kite auf See in jedem Zustand ausserhalb des normalen Betriebs unberechenbar bzw. zeigt Verhalten, die situationsbedingt unterschiedliche Aktionen fordern. Auf ein paar Situationen wurde in diesem Seminar eingegangen, es wurden aber aufgrund der regen Teilnahme unter den Zuhörer/-innen sehr viele Situationen erwähnt, die individuelles Handeln erfordern, die aber oft so komplex sind, dass es nie eine Ideallösung geben wird. Hier haben wir einige Situationen beschrieben:

Die zu bergende Person wird von Luv angesteuert, geborgen und hilft von Bord aus mit, den Kite zu sichern und zu bergen. Anschließend wird das Brett im Wasser gefunden und sicher im Rettungsboot verstaut.

 

 

Planvolles Vorgehen, Kontaktaufnahme, sichere Bergung – Gefahrlos an den Menschen, der im Wasser treibt, herankommen

Situation 1: Wenig Wind, Kite fällt aufs Wasser, Person ist im Loop eingehängt, also mit der Kitesurfausrüstung verbunden. – Hier zieht der Wind den Kite von der treibenden Person weg und spannt die Leinen, bis eine statische Konstellation (alle Leinen unter Spannung, Kite steht auf dem Wasser und wird vom Wind gebläht) entsteht. Idealterweise hat der Kite seine systembedingt optimale Form, nur dass er verkehrt herum (Tube auf dem Wasser) uns somit unstartbar dem Wind Angriffsfläche bietet. Kite und Person driften mit dem Wind. Das Sicherheitssystem kann ausgelöst werden.
Hier bietet sich die Annäherung von Luv (der Kite ist maximal entfernt) an die Person an. So weisen die Leinen weg von der Person in Richtung des gut sichtbaren Kites. Die Leinen im Wasser sind farbbedingt nicht immer gut zu sehen. Boot bei der Person, Person ansprechbar. Bei wenig Wind wird das Sicherheitssystem in der ersten Stufe ausgelöst, so dass der Kite in einen zugfreien ('drucklosen') Zustand und trotzdem gesichert verbunden fällt. Person kann geborgen werden, Kite kann geborgen werden. Beim Bergen der Ausrüstung auf die Leinen achten. Soll es schnell geheen, dann die Leinen zusammenraffen, besteht die kontrollierte Abbaumöglichkeit, dann hilft die geborgene Person, die leinen auf der BAr aufzuwickeln. Luftventil öffnen, damit der Kite seine Form verliert und verstaut werden kann.

Situation 2: Wenig Wind, ähnliche Situation wie zuvor, allerdings haben sich einige Leinenschlingen um die Person gelegt. Dann liegt der Kite nicht mehr in kitespezifisch optimaler Position auf dem Wasser. Er flattert ggf., schlägt mit dem Tuch oder wird unförmig, aber dennoch vom Wind angehoben und angetrieben. Die Leinen stehen unter Zug, die Schlingen werden zugezogen, das Safetysystem kann nicht mehr oder unter Vorbehalt ausgelöst werden. Eile ist geboten, denn die Person in den Schlingen kann sich eventuell nicht bewegen und nicht über Wasser halten!
Auch hier bietet sich die Annäherung von Luv (der Kite ist maximal entfernt) an die Person an. Abwägung, ob Sicherheitssystem ausgelöst wird, oder ob die Person geborgen und erst an Bord von Leinen befreit (Messer) wird. Solange eine Leine erhalten bleibt, besteht die Verbindung zum Kite. Allerdings kann man bei wenig Wind den Kite auch erstmal abtrennen, dann treiben lassen und später bergen.

Achtung: Wenn der Kite ohne Person oder mit abgetrennten Leinen vom Wind getrieben wird, zieht er die Leinen im Wasser hinter sich her! Eine Annäherung an den treibenden Kite sollte daher nur halbwinds oder von Lee (der Kite treibt dann auf das Boot zu) stattfinden, um Kontakt zwischen Propeller und Leinen zu vermeiden!

Situation 3: Viel Wind, Dünung, schwere See. Die Person am Kite ist erschöpft und kann den Kite nicht mehr bedienen. Die Verbindung zwischen Person und Kitesystem besteht, alle Leinen unter Zug, Kite liegt auf dem Wasser, Profil vollständig vorhanden und somit quer zum Wind, also vollständig angeweht. Hier wird die Person sicherlich sehr schnell durchs Wasser gezogen, wird vermutlich oft auch unter Wasser gezogen bzw. in die Wellen hineingezogen, weil die Zugkraft größer ist, als die Wellen schnell sind.
Rettung nähert sich von Lee (der Kite ist maximal entfernt vom Boot) an die Person, sichert die Person und versucht, das Sicherheitssystem (Stufe 1 und ggf. Stufe 2 mit vollständiger Trennung vom Kite) zu erwirken. Alternativ Leinen kappen.

Situation 4: Wie oben, Situation mit viel Wind, schwere See, die Person ist mit Leinen verschlungen, Kite zappelt ungeordnet auf dem Wasser und in der Luft. Größte Gefahr für die Person in den  Leinenschlingen! Annäherung an die Person von Lee, schnellstmögliche Trennung vom Kite (resp. vom Zug der Leinen um die Person) per Durchtennen der Leinen. Bergung der Person. Dann Meldung eines freitreibenden Kites abgeben, wenn der nicht geborgen werden kann. Es kann ja die Situation eintreten, dass die geborgene Person schnellstmögliche medizinische Versorgung bedarf, also keine Zeit zur Bergung des Kites besteht.


 

Wie kann man das Kitesurfmaterial vom Boot aus bergen?

In den vorangegangenen Texten ist bereits erwähnt, wie sich per Boot an das Kitesurfmaterial angenähert werden kann. Wenn der Kite ohne Person oder mit abgetrennten Leinen vom Wind getrieben wird, zieht er die Leinen im Wasser hinter sich her! Eine Annäherung an den treibenden Kite sollte daher nur halbwinds oder von Lee (Kite treibt auf das Boot zu) stattfinden, um Kontakt zwischen Propeller und Leinen zu vermeiden.

Die zu bergende Person ist ansprechbar, wird von Luv angesteuert, am Boot gesichert, der Kite wird 'ausgelöst', d. h., die Sicherheitsstufe 1 wird am Loop bedient, so dass der Kite zuglos wird, jedoch per Sicherheitsleine am Kitesurfer verbleibt und anschließend mit dessen Hilfe geborgen werden kann.

 

 

Ziele dieses ersten Seminars mit Fördekiter e.V. und DLRG:

• Die Wachen in Holnis haben ein grundlegendes Verständnis des Kitesurfsports erhalten
• Die Retter/-innen kennen die Besonderheiten beim Bergen von Kitern/-innen und deren Kitesurfausrüstung
• Die Bootsführer/-innen können sicher im Umfeld von Kiteleinen manövrieren
• Der Kontakt zwischen den Fördekitern und den Rettern/-innen der DLRG soll bestehen bleiben, intensiviert und ausgebaut werden
• Weitere Seminare und Zusammenarbeit soll folgen

 

Henning Alberti sagt zu diesem Seminar:

'Während dieses Seminars wurden keine standarisierbaren Ideallösungen aufgezeigt, denn die gibt es nicht und wird es nicht geben. Jede Situation erfordert individuelles Handeln der Rettungsmannschaften. Allerdings habe ich nach diesem Seminar den Eindruck, dass die Teilnehmenden ein gutes Stück mit der Problematik vertraut gemacht wurden und jetzt kompetenter und wissensbasiert handeln können, wenn es zu einer ähnlichen wie der geprobten Bergesituationen kommt. Für andersgeartete Notsituationen hoffe ich, dass die reflektierte Diskussion dieses Abends in Erinnerung bleibt und auf See zu besonnenem Handeln führt, mit dem die DLRG unter sicheren Bedingungen Kitesurfer/-innen rettet und alle heile an Land kommen.'

 

               

 

Einige Teilnehmenden des diesjährigen Seminars in Holnis am Strand nach der praktischen Übung auf See inclusive des neuen Nachwuchses für die DLRG (Bild oben) und der Artikel im Magazin Glücksburg Living, 25. Ausgabe im Juli 2024 (Bild unten):

Torben Ulrich sagt zu diesem Seminar:

'Aus Sicht der Fördekiter ist hier ein wertvoller Austausch von Erfahrungen passiert. Wir hoffen, dass durch dieses Zusammenkommen noch mehr Sicherheit im Wassersport Einzug hält. Und ganz nebenbei hat es auch noch Spaß gemacht!'